Genug Spielraum

Mehr und Fair

14.02.2012 IG Metall Freiburg und Lörrach mit wachsende Mitgliederzahlen in die nächste Tarifrunde

Quelle: Badische Zeitung,online, 08.Februar 2012, Michael Baas

"Es ist genug Spielraum vorhanden"
Die IG Metall in der Region geht gestärkt durch einen Mitgliederzuwachs in die Tarifrunde.

LÖRRACH. Die IG Metall der Region schreibt dieser Tage eine Erfolgsgeschichte. Die Verwaltungsstelle Lörrach, die die Kreise Lörrach, Waldshut und den Raum Müllheim betreut, meldet bereits im dritten Jahr in Folge ein Wachstum. Inzwischen zählt der Bezirk wieder mehr als 6350 Mitglieder und ist mit einem Plus von mehr als drei Prozent die am stärksten wachsende Sektion der zentralen Verwaltungsstelle Freiburg überhaupt, berichten der erste Bevollmächtigte Hermann Spieß und der Lörracher Geschäftsführer Thomas Wamsler.

Eine Trendwende meldet die IGM indes nicht nur im Kampf gegen den Mitgliederschwund; vielmehr gelinge es zunehmend, die "weißen Flecken" zu schließen, sprich neue Betriebsräte zu etablieren - etwa beim Automobilzulieferer Hago im Kreis Waldshut oder dem Lörracher Autohandel und -service Asag. Die zwei Gewerkschafter werten diese Entwicklung als Lohn guter Gewerkschaftsarbeit, aber auch als Reaktion auf die Wirtschaftskrise 2008/09. Diese habe gezeigt, dass "eine starke Gewerkschaft wichtig ist", bilanziert Spieß; schließlich sei es mit Hilfe der IGM gelungen, viele Arbeitsplätze über die Krise zu retten, ergänzt Thomas Wamsler. Darüber hätten viele gespürt, dass "wir als Gewerkschaft glaubwürdig sind", schlussfolgert der Lörracher Bevollmächtigte denn auch.

Diesen Rückwind will die Gewerkschaft vor Ort nun nutzen für die anstehende Tarifrunde. 6,5 Prozent mehr Lohn fordert die IGM für die rund 3,8 Millionen Beschäftigten der Metall- und Elektroindustrie. Das hat der Vorstand gestern beschlossen und hat dafür die volle Unterstützung der Basis in Lörrach. Dem Großteil der Betriebe gehe es hervorragend. "Es ist genug Spielraum vorhanden", sagt Hermann Spieß. Nach den maßvollen und krisengeprägten Abschlüssen von 2008 und 2010 gehe es nun darum, die Beschäftigten am Aufschwung zu beteiligen. "Wir haben einen unglaublichen Nachholbedarf", betont Wamsler. Angesichts der positiven wirtschaftlichen Lage "wird dieser Abschluss niemand umbringen", steht für den Lörracher IGM-Sekretär fest. Andrerseits gehen auch die zwei Gewerkschafter nicht davon aus, dass ein Abschluss in der angestrebten Höhe kampflos zu haben sein wird. Im Gegenteil: "Wir stellen uns auf harte Verhandlungen ein", sagen beide. Mit dem Ablauf der Friedenspflicht Ende April erwarten sie zumindest Warnstreiks und das gegebenenfalls auch in der Region.

Weitere Themen, die die IGM vor Ort groß schreiben will, sind die Perspektiven Jüngerer und Leiharbeit - wobei es da häufig Zusammenhänge gibt. Denn "Leiharbeit ist jugendlich", weiß Spieß. Vor allem Jüngere unter 25 Jahren seien von "prekären Arbeitsverhältnissen" betroffen und würden so um ihre Zukunft gebracht. Bislang sei jede Generation mit der Aussicht herangewachsen, dass es ihr einst besser gehen werde als den Eltern. Dieses gesellschaftliche Versprechen durchbreche die Leiharbeit. Dazu komme die Verweigerung gegenüber fertig ausgebildeten Nachwuchskräften: Fast drei Viertel aller Auszubildenden werde nach der Lehre nur noch befristet angestellt. Zwar sei der Fachkräftemangel riesig; den Betrieben aber sei es offenbar wichtiger, die Befristung als Druckmittel in der Hand zu behalten. Auf der einen Seite würde zwar gejammert, wenn Betroffene abwanderten in die Schweiz, wo die Gepflogenheiten zwar nicht anders, aber die Bezahlung besser sei. Statt kommende Fachkräfte mit einer vernünftigen Strategie an die Betriebe zu binden, "ziehen die Arbeitgeber die Disziplinierung vor", sagt Spieß. In der Praxis laufe das auf ein Gesellschaftsmodell hinaus, "das Menschen permanent unter Druck setzt." Deshalb "muss die Übernahme wieder die Regel werden", fordert er denn auch.

Letzte Änderung: 14.02.2012