SICK AG Waldkirch

07.09.2005 20 Tage Ordnungshaft für den Betriebsrats-Vorsitzenden der SICK AG in Waldkirch?

In der SICK AG in Waldkirch hängt der Haussegen heftig schief. Der Vorstand des größten Unternehmens im Elztal (1.700 Beschäftigte) hat gegen den Betriebsrat ein Zwangsgeld in Höhe von 10.000.- € bzw. 10 bis 20 Tage Ordnungshaft für den Betriebsratsvorsitzenden beim Arbeitsgericht beantragt.

Was ist passiert in diesem Vorzeigeunternehmen, dass üblicherweise dann Schlagzeilen macht, wenn es wieder in die Hitliste der besten Arbeitgeber gewählt wurde oder soziale Wohltaten ausschüttet.

Der Betriebsrat hat im betriebseigenen Intranet 3 Informationen zur Bundestagswahl ( ein allgemeiner Wahlaufruf, eine Information zum Kündigungsschutz und eine Einladung zu einer Podiumsdiskussion, an der die regionalen Kandidaten der 5 größten Parteien teilnehmen) eingestellt und am schwarzen Brett veröffentlicht. Diese Blätter wurden allesamt vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) herausgegeben. "Die Arbeitnehmer werden direkt und unmittelbar von den politischen Auswirkungen berührt; daher sollten sie sich möglichst umfassend informieren" so Rudi Schlegel, Betriebsratsvorsitzender der SICK AG. Der Betriebsrat habe nicht einseitig Partei bezogen sondern lediglich Informationsangebote gemacht und für eine breite Wahlbeteiligung geworben. "Dafür stehe ich auch weiterhin und mit mir der gesamte Betriebsrat" erklärt er kämpferisch.

Der Vorstand der SICK AG sieht dies wohl anders: er hat den Betriebsrat ultimativ aufgefordert, die Schriften sofort wieder einzuziehen, da der SICK AG dadurch Zitat: "…ein nicht zu ersetzender Nachteil (droht)". Der Betriebsrat hat daraufhin das Info zum Kündigungsschutz eingezogen, den Wahlaufruf und die Einladung aber blieben veröffentlicht. Dies war dem Vorstand zu wenig. Er hat, vertreten durch den Arbeitgeberverband SÜDWESTMETALL, beim Arbeitsgericht eine einstweilige Verfügung wegen Unterlassung parteipolitischer Betätigung gegen den Betriebsrat beantragt. Zusätzlich wurde gefordert: "Für jeden Fall der Zuwiderhandlung…ein Ordnungsgeld in Höhe von 10.000,- € ersatzweise 10 Tage Ordnungshaft für den Vorsitzenden des Betriebsrates angedroht oder Ordnungshaft bis zur Dauer von 20 Tagen".

Darin sieht die IG Metall eine schlimme Entgleisung. "Für das Verteilen einer Information und einer Einladung zu einer öffentlichen Veranstaltung soll der Betriebsrat, der seine Arbeit ehrenamtlich ausübt, mit drastischen Geldstrafen und gar mit Freiheitsentzug bedroht und dadurch mundtot gemacht werden. Dies ist ein Skandal, der bislang ohne Beispiel ist." schimpft Hermann Spieß, Geschäftsführer der IG Metall in Freiburg. "Die Angriffe des Vorstandes sind in der Sache nicht gerechtfertigt und in der Höhe völlig überzogen und unverhältnismäßig." so Spieß weiter. Seiner Meinung nach, die vom Betriebsrat geteilt wird, dürfen Meinungsverschiedenheiten nicht auf dieser Ebene ausgetragen werden; dies sei unakzeptabel und wird das Klima zwischen der Belegschaft mit ihrem Betriebsrat und dem Vorstand heftig belasten. Er fordert den Vorstand nachdrücklich auf, im Interesse der Beschäftigten und des Unternehmens diesen Irrweg wieder zu verlassen.

Großes Unverständnis löste der Beschluss des Arbeitsgerichtes von heute Vormittag aus, das ohne Anhörung der Beteiligten dem Antrag des Vorstandes stattgegeben hat und dem Betriebsratsvorsitzenden tatsächlich 20 Tage Ordnungshaft androht. Daraufhin hat der Betriebsrat die Informationsblätter eingezogen, gleichzeitig aber Beschwerde gegen den Beschluss angekündigt.

Die IG Metall unterstützt ausdrücklich das aus ihrer Sicht und trotz des gegenteiligen Beschlusses des Arbeitsgerichtes rechtlich korrekte Verhalten des Betriebsrates und insbesondere den Vorsitzenden Rudi Schlegel. "Wir verurteilen die Entgleisungen des Vorstandes und von SÜDWESTMETALL auf das Schärfste und fordern beide auf, diese Drohszenarien gegen demokratisch gewählte Arbeitnehmervertreter und deren Familien sofort zu unterlassen" sind sich Schlegel und Spieß einig.

Letzte Änderung: 21.11.2007