Bezirkskonferenz in Böblingen
Böblingen -
Die IG Metall in Baden Württemberg sieht Hoffnung auf einen "notwendigen Politikwechsel". Das betonte Bezirksleiter Jörg Hofmann heute vor gut 200 Delegierten auf der diesjährigen Bezirkskonferenz in Böblingen.
Allerdings würde es nach wie vor für die Gewerkschaften keinen Anlass zum Übermut geben. Deshalb werde die IG Metall auch die grün-rote Landesregierung selbstbewusst und konstruktiv in der Sache, aber auch kritisch
wenn es sein muss, begleiten. "Wir sind keine Regierungsgewerkschaft, so wie wir auch keine Gewerkschaftsregierung erwarten", so Hofmann.
Der stellvertretende Ministerpräsident des Landes Baden-Württemberg, Dr. Nils Schmid (SPD) hob "große Schnittmengen" zwischen dem Regierungsprogramm und dem gestern in Stuttgart vorgestellten landespolitischen Memorandum
der IG Metall hervor. Es gehe um eine ökologische und soziale Modernisierung der Gesellschaft, bei der "die Stärke des Industriestandortes Baden-Württemberg auch weiterhin das Fundament des Wohlstandes sein wird." Um sie
zu bewahren und das gemeinsame Ziel der Vollbeschäftigung zu erreichen, "werden wir einen dynamischen Kurswechsel vornehmen und konsequent auf die Wachstumsfelder der Zukunft setzen", so Schmid, der auch Finanz- und
Wirtschaftsminister des Landes ist.
Schmid weiter: Wir werden dazu beitragen, dass Baden-Württemberg als Heimat des Automobils auch bei den alternativen Antrieben und den neuen Mobilitätskonzepten in Zukunft eine Vorreiterrolle einnehmen wird." Gleichzeitig
kündigte er an, die Unternehmen im Land mit einer aktiven Industriepolitik unterstützen zu wollen. Dazu gehöre aber auch die Beteiligung der Beschäftigten, betonte der SPD-Politiker. "Starke Belegschaften waren und
werden immer das Fundament starker Unternehmen bleiben. Und die soziale und ökologische Modernisierung der Wirtschaft wird nur mit der Akzeptanz, Motivation und Innovationsfähigkeit der Beschäftigten gelingen." Dabei gehe
es um handfeste Fragen der sozialen Gerechtigkeit. Schmid: "Es kann nicht sein, dass die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht am Aufschwung teilhaben und sich stattdessen vor Dumpinglöhnen und prekärer Beschäftigung
fürchten müssen. Wer Vollzeit arbeitet, muss von seiner Arbeit auch gut leben können", forderte er.
Seinen Antrittsbesuch bei der IG Metall Baden-Württemberg absolvierte der neue Ministerpräsident des Landes, Winfried Kretschmann, heute im Rahmen der jährlichen Bezirkskonferenz der Gewerkschaft. Kretschmann lobte die IG
Metall für ihre kluge und erfolgreiche Politik, die Aushängeschild der funktionierenden Sozialpartnerschaft im Betrieb sei. Zuletzt habe man sogar den tiefen Einbruch der Wirtschaft im Zuge der globalen Wirtschaft- und
Finanzkrise durch die Kurzarbeit und andere betriebliche Überbrückungsmaßnahmen relativ gut überstanden.
Kretschmann skizzierte dann die "Vorstellungen und Ideen für die Zukunft eines Industriestandortes im 21. Jahrhunderts." Der "Green New Deal" sei kein Schlagwort von Parteitagen, sondern längst zum internationalen Leitbegriff
einer neuen wirtschaftlichen Ära geworden. Kretschmann: "Wir werden in den nächsten Jahren einen wahren Schub im Bereich umwelt- und ressourcenschonender Produkte weltweit erleben."
Kretschmann sieht genau in dieser Veränderung die große Chance für das Land und bekannte sich zum Automobilstandort Baden-Württemberg. "Selbstverständlich sollen hier weiter Autos gebaut werden und das Land soll
weiter ein weltbedeutender Automobilstandort bleiben." Gerade deshalb sei es erforderlich, dass die Automobil- und Zulieferindustrie alles in ihren Kräften stehende tue, um im Bereich alternativer Antriebe und nachhaltiger
Mobilitätskonzepte nicht abgehängt zu werden, sondern - im Gegenteil - eine Pionierrolle zu übernehmen. "Nur so können wir die Technologieführerschaft behalten. Und die ist entscheidend für neue innovative
Modelle, für die Auslastung der Fabriken und für den langfristigen Erhalt von Arbeitsplätzen," sagte Kretschmann.
Kretschmann sprach sich außerdem gegen die Spaltung der Gesellschaft durch Niedriglöhne und prekäre Jobs aus. "Unser Ziel heißt gleicher Lohn für gleiche Arbeit. Und wir wollen alles dafür tun, dass aus
möglichst vielen Jobs, die momentan noch prekär sind, letztlich feste und verlässliche Arbeitsverhältnisse werden können."
IG Metall Bezirksleiter Jörg Hofmann machte deutlich, Kretschmann habe die Herausforderungen richtig benannt und bot ihm eine kritisch- konstruktive Zusammenarbeit an. "Wir haben einige gemeinsame Anknüpfungspunkte. Die sollten
wir nutzen. Denn den Wandel werden wir nur erfolgreich gestalten, wenn wir die Beschäftigten mitnehmen."
Letzte Änderung: 01.06.2011