Südbadische Bezirke legen zu

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21.01.2009 IG Metall stoppt Mitgliederschwund

Quelle: Badische Zeitung vom 16.01.09, Rolf Obertreis und Bernd Kramer

Die Gewerkschaft IG Metall hat bundesweit ihren Mitgliederschwund gestoppt. Insbesondere in Südbaden gibt es wieder mehr Gewerkschafter. Die Bezirke Offenburg, Freiburg und Lörrach legten zu.
FRANKFURT/FREIBURG. Zum ersten Mal seit Mitte der neunziger Jahre hat die IG Metall ihren Mitgliederschwund gestoppt. "Das war mein Trauma, jetzt haben wir die Kehrtwende", sagte IG Metall-Chef Berthold Huber am Freitag in Frankfurt. Allein bedingt durch Todesfälle schrumpfte die Zahl der Gewerkschaftsmitglieder leicht um 0,2 Prozent auf mehr als 2,3 Millionen. Ohne die 24 000 verstorbenen Mitglieder gewann die IG Metall 2008 netto fast 16 000 neue Beitragszahler. In Baden-Württemberg erzielte die Gewerkschaft sogar absolut ein leichtes Plus: Die Zahl der Mitglieder nahm um 0,3 Prozent auf 428 000 zu. Ihre Beitragseinnahmen hat die IG Metall bundesweit um 13 Millionen auf 443 Millionen Euro gesteigert.

Auch in Südbaden zeigt sich der positive baden-württembergische Trend: Wie Hermann Spieß , Geschäftsführer der IG Metall in Freiburg mitteilte, zählte die Gewerkschaft im Bezirk Freiburg erstmals wieder mehr als 10000 Mitglieder. Das entspricht im Jahresvergleich einem Zuwachs von 1,8 Prozent. Im Raum Lörrach betrug das Plus seit April sogar 3,5 Prozent. Hier kommt die IG Metall auf 5800 Mitglieder. In Offenburg wuchs die Zahl der IG-Metall Gewerkschafter um 2,6 Prozent auf mehr als 13000. Damit gehört der Bezirk zu den fünf wachstumsstärksten in Baden-Württemberg im Jahresvergleich.

Für Hermann Spieß hat die positive Entwicklung mehrere Gründe. Zum einen die gute Konjunktur in der jüngsten Vergangenheit: "Es sind weniger Betriebe weggebrochen." Zum anderen eine veränderte Haltung der Arbeitnehmer: "Solidarität zählt wieder etwas."
Auch die in seinen Augen erfolgreiche Politik der Gewerkschaft bei den Lohnverhandlungen und bei der Sicherung von Arbeitsplätzen habe gerade junge Leute dazu bewogen, in die IG Metall einzutreten: "Die Leute sehen, dass sie über die Gewerkschaft durchaus etwas bewegen können." "Wir haben vernünftige Arbeit geleistet, das zahlt sich jetzt aus", sagt Viktor Paszehr, Geschäftsführer der IG Metall in Offenburg.

Für IG Metall-Chef Berthold Huber ist die aktuelle Lage in den Unternehmen äußerst heikel. "Die Aufträge sind in fast allen Branchen der Elektro- und Metallindustrie dramatisch eingebrochen. So etwas habe ich noch nie erlebt." Der Schwerpunkt der Arbeit der Gewerkschaft werde 2009 darin liegen, Entlassungen unter allen Umständen zu vermeiden. Mit dem Konjunkturpaket II, den Regelungen zur Kurzarbeit und dem Bürgschaftsrahmen der Regierung gebe es dafür eine gute Basis, sagte Huber. "Der mutigere Schritt wäre aber ein Investitionsprogramm von 100 Milliarden Euro für drei bis vier Jahre gewesen."

Huber sieht auch wegen der mehr als 1300 betrieblichen Vereinbarungen nach dem Vorbild des Pforzheimer Abkommens eine Chance, Entlassungen zu vermeiden. Auf der Basis dieser mit dem Arbeitgeberverband Gesamtmetall beschlossenen Konzepts, können sich beide Seiten auf Abweichungen vom Tarifvertrag einigen, um das jeweilige Unternehmen wie auch die Arbeitsplätze zu sichern. Nach den Worten von Huber müssen sich in diesem Jahr auch kleinere Betriebe mit weniger als 100 Beschäftigten Gedanken über das Instrument Kurzarbeit machen. "In der Krise 1993/1994 wurden zu viele Jobs abgebaut, im Aufschwung haben dann viele Unternehmen über den Facharbeitermangel geklagt."

Von den Beitragseinnahmen werden wie immer 15 Prozent und damit mehr als 66 Millionen Euro den Rücklagen zugeführt. Über die Höhe dieser Rücklagen schweigt sich Hauptkassierer Bertin Eichler aus, um keinen Rückschluss auf die Streikkasse zuzulassen. Fakt ist, dass die Finanzkrise nicht an den Rücklagen der IG Metall gezehrt hat. "Wir verfolgen eine vorsichtige, sehr konservative Anlagepolitik. Schon Anfang 2008 haben wir unsere Aktienquote drastisch zurückgefahren. Aktuell stecken nur etwa ein Prozent unseres Geldes in Aktien", sagt Eichler. Dadurch habe man 2008 eine Rendite von fast fünf Prozent erreicht. "Wir haben eine Situation, für die uns so mancher Manager in den Frankfurter Bürotürmen heute beneidet."

Andere Gewerkschaften

Bei der IG BCE ist die Zahl der neuen Mitglieder 2008 in Südbaden gestiegen. Sie legte von 398 auf 435 zu. Trotzdem verzeichnet sie unter dem Strich einen Minus von 1,4 Prozent auf 8260. "Das ist der geringste Verlust seit Jahren", sagt IG-BCE-Südbaden-Chef Wilfried Penshorn. Bei Verdi Südbaden gab es nach Angaben von Geschäftsführer Reiner Geis wegen der Altersstruktur ein leichtes Minus. Die Gewerkschaft habe Mitglieder in schrumpfenden Sparten wie den Banken verloren und in wachsenden Bereichen wie den Dienstleistungen für die Industrie zugelegt. In Südbaden zählt Verdi 25000 Mitglieder. Bei der IG Bau hat sich die Zahl der erwerbstätigen Gewerkschafter stabilisiert. Im Südwesten hat die IG Bau im 4500 Mitglieder.

Letzte Änderung: 21.01.2009